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3-D-Profilfräsen beim sechsspurigen Ausbau der A 1 Hamburg / Bremen

Die Erweiterung der stark befahrenen Autobahn A 1 ist eines der dringendsten Autobahnausbauvorhaben in Deutschland. Um die Herausforderungen der komplexen Geländegegebenheiten und Planvorgaben intelligent und wirtschaftlich zu lösen, setzt die ARGE A 1 mobil auf die Verwendung fortschrittlicher Technik. Einen bedeutenden Beitrag zur Wirtschaftlichkeit und Zeitersparnis leistet dabei die neue Technik des „Profilfräsens“ mit Hilfe einer 3-D-Maschinensteuerung.

Die Erweiterung der A 1 ist eines von vier Pilotprojekten der Bundesregierung zum Ausbau von Autobahnen (A-Modelle). Diese A-Modell-Projekte sind langfristige Partnerschaften zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft zur Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur. Im Auftrag der öffentlichen Hand erbringen und finanzieren private Unternehmen im Rahmen eines 30-jährigen Konzessionsvertrages vielfältige Leistungen für den Ausbau einer Strecke sowie deren Betrieb und Erhaltung. Dafür bekommen sie monatlich einen Anteil der auf dem Autobahnabschnitt anfallenden LKW-Maut. Das Investitionsvolumen für den Ausbau der A 1 beträgt ca. 650 Millionen Euro.

Auftragnehmer ist die private Projektgesellschaft A 1 mobil. Gesellschafter sind Bilfinger Berger Project GmbH, der britische Infrastrukturentwickler und -Betreiber John Laing Infrastructure Ltd. sowie die Johann Bunte Bauunternehmung GmbH & Co. KG. Die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Land Niedersachsen, ist Auftraggeber des Konzessionsprojektes.
Das Konzessionsprojekt „Betreibermodell Bundesautobahn A 1 (A-Modell) Hamburg-Bremen“ startete im August 2008. Im Rahmen dieses Vorhabens soll die Autobahn A 1 zwischen dem Buchholzer Dreieck und dem Bremer Kreuz von derzeit vier auf zukünftig sechs Spuren ausgebaut werden. Die Fertigstellung der Ausbauarbeiten ist für Ende Dezember 2012 vorgesehen.

Für den Ausbau wurde die 73 Kilometer lange Strecke in 24 Bauabschnitte (BA) unterteilt. Alle Abschnitte sind circa sechs Kilometer lang. Der Ausbau benachbarter Abschnitte erfolgt zeitlich versetzt. Zwischen zwei gleichzeitig in Bau befindlichen Abschnitten gibt es immer einen mindestens sechs Kilometer langen baustellenfreien Abschnitt. Damit werden überlange Baustellen vermieden und die Verkehrssicherheit erhöht.
Verschiedene Vorgaben und Bedingungen (Lärmschutz, bestehende Bauwerke etc.) im Planfeststellungsverfahren machen es erforderlich, die neue Fahrbahn in einer Kombination aus Asphalt und Beton herzustellen. Die Verschleißschicht der Fahrbahn in Höhe von 4 cm muss auf der kompletten Strecke abgetragen werden. Außerdem muss auf der ganzen Strecke eine Gradientenoptimierung durch-geführt und das Querprofi l den DIN-Vorschriften mit einem Gefälle von mindestens 2,5 % angepasst werden. Eingehende Bodenuntersuchungen ergaben jedoch, dass große Teile des vorhandenen Unterbaus noch tragfähig sind und bestehen bleiben können.

Die Frage, die sich der ARGE A 1 mobil nun stellte, lautete: Bauen wir die Straße komplett aus und wieder ein, oder nutzen wir die Teile des Unterbaus, die noch stabil sind? Ist es wirtschaftlich und technisch machbar, den stabilen Unterbau weiter zu verwenden?
Die Entscheidung fiel zugunsten der Weiterverwendung, um teureres, neues Material einzusparen sowie weniger altes Material auszubauen, das recycelt und eine Wiederverwendung finden oder gelagert werden muss. Die Zeitersparnis durch geringere Aus- und Einbauarbeiten ist natürlich ebenfalls ein wichtiger Faktor gewesen.

Die Herausforderung, die es zu lösen galt, um diese Entscheidung zu realisieren, bestand darin, die Frästiefe den verschiedenen Unter-grundvoraussetzungen und Profiländerungen flexibel anzupassen. Voraussetzung dafür war die Berechnung eines detaillierten Fräsplans. Das Vermessungsteam der ARGE ging daher direkt nach der Verkehrsumlegung daran, die Fahrbahn komplett neu auf zumessen mit jeweils 3 Punkten im 10-Meter-Raster. Die gemessenen Punkte wurden in eine CAD-Software eingelesen und in Excel ausgegeben. Die Excel-Datei stellt die Frästiefe der gesamten Fahrbahn in Fünf- zentimeterschritten in Zahlen und Farben dar.

Hier stellte sich die Frage: Machen wir‘s auf herkömmliche Weise durch Aufsprühen der Werte auf die Trasse im Abstand von 5 Metern? Der Vermessungsaufwand wäre gigantisch und die manuelle Übertragung der Werte auf die Fräse mit vielen Fehlerquellen behaftet. Es wurde daher nach einer intelligenteren Lösung gesucht.
Als Vertragspartner von 2008 bis 2012 für Fräsen, Zertrümmern, Schneiden, Reinigen und Wassergestellung wurden wir in diese Überlegungen mit einbezogen. Systeme von drei Herstellern für 3-D-Maschinensteuerung an einer Serienfräse wurden von uns auf unterschiedlichen Baustellen getestet. Nach erfolgreichen Ergebnissen in Bezug auf Genauigkeit, Fräsleistung und Rüstzeit haben wir eine Wirtgen 2100 Fräse mit einer automatischen, dreidimensionalen Steuerung umgerüstet. Mit Hilfe dieser fortschrittlichen Technologie werden die Entwurfsdaten aus dem Büro direkt auf den Rechner an Bord der Fräse übertragen, so dass die beiden Maschinenführer den komplexen Fräsplan ohne Schnüre, Absteckpflöcke oder Fahrbahnmarkierungen automatisch realisieren können.

Dank eines speziellen Interface, das direkt an die Hydraulik der Wirt-gen Fräse angeschlossen werden kann, war die Installation mach-bar.
Bei dem gewählten System erfolgen Berechnung und Übermittlung der Ist-Daten durch die Universaltotalstation (UTS). Die UTS verfolgt automatisch ein an der Frästrommel befestigtes Ziel, misst fortlaufend die Ist-Position des Ziels und überträgt diese Daten zum Rechner, der außen an der Fräse angebracht ist. Der Rechner vergleicht die Ist-Daten mit den Daten aus dem Fräsplan, berechnet die notwendige Frästiefe und steuert die Ventile der Hydraulik entsprechend, so dass der Fräsvorgang automatisch nach dem eingelesenen Fräsplan erfolgt.

Die Aufgabe des Maschinenführers ist die Richtungssteuerung, der zweite Maschinenführer kontrolliert das Fräsergebnis mit einer weiteren Vermessungsstation. Das Markieren auf der Fahrbahn entfällt somit komplett. Die Fräse arbeitet exakt nach dem vorgegebenen Fräsplan. Die Fräsgeschwindigkeit mit dieser neuen Technik beträgt 15 Meter pro Minute – und das millimetergenau. Die Fräsleistung pro Tag beträgt im Schnitt 5000 – 6500 m2 bei einer Frästiefe zwischen 4 und 30 cm.

Der Toleranzbereich lag unter der Vorgabe von +/- 5 mm. Für die Aufgabe, die verschiedenen Frästiefen abrupt zum Beispiel von 4 cm auf 28 cm im Quer- und Längsprofi l plangerecht zu realisieren, erweist sich die 3-D-Steuerung als wirtschaftlichste, schnellste,
einfachste und sicherste Lösung. Die verschiedenen Bauabschnitte, bei denen der Untergrund tragfähig ist, werden in den Jahren 2011 und 2012 von der ARGE A 1 mobil mittels dieser Technik abgearbeitet. Das entspricht einem Volumen von ca. 225.000 m2. Auch bei anderen Baumaßnahmen wird diese Technik voranschreiten, denn das Datenmodell für den Abtrag kann auch für den Einbau verwendet werden.

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